Eigentlich hatten wir ja vorgesehen, unsere Frühlingsferien dieses Jahr erst im September zu machen um von den wärmeren Temperaturen zu profitieren. Nachdem wir aber die Einladung zur Hochzeit von Ebba Kapuka, der Spitalverwalterin von Oshikuku erhielten, war für uns klar, dass wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten. So sind wir am 20. August in einem Tag nach Oshikuku zu Renate und Ruedi hochgedüst. Die Kinder, unsere Mitreisende Sr. Adelinde (mein Counterpart beim CHS) und das neue Auto haben diesen Monstertrip (750 km) fast klaglos über sich ergehen lassen; einzig die Zentralverriegelung streikte kurzzeitig, konnte jedoch in Oshakati geflickt werden. Diese Gelegenheit nutzten wir auch um ein neues Autoradio einbauen zu lassen, das alte war uns am Tag vor der Reise gestohlen worden. GRRR!
Am Freitag machten wir uns mit einer afrikanischen Verspätung von einer halben Stunde auf den Weg nach Onesi. Renate, die sich als Hochzeitsfotografin verdingt hatte, war etwas nervös, ob diesem Verzug, doch Ruedi und Sister sind alte „Hochzeitsfüchse“ und wussten, dass hier auch der Hochzeitsgottesdienst nicht unbedingt zur ausgeschriebenen Zeit beginnen muss. Wir waren trotz unserer Verspätung denn auch mehr oder weniger die ersten bei der Kirche. Von den vergangenen Erfahrungen unsere Begleiter profitierend, hatten wir auch genügend Proviant eingepackt, denn Speis und Trank wollen bei einer solchen Hochzeit verdient sein.
Renate und Ruedi atmeten sichtlich auf, als feststand, dass im heutigen Gottesdienst nur die Hochzeit von Ebba und Eliphas auf dem Programm stand. Offenbar sind Mehrfachhochzeiten keine Seltenheit und der Gottesdienst kann sich in diesen Fällen schon mal auf 3 bis 4 Stunden erstrecken. Das ganze selbstverständlich in der lokalen Sprache Oshivambo. Braut und Bräutigam erschienen – ganz in weiss gekleidet – nun also vor dem Pfarrer und dieser führte nun durch die Trauung, die sich – soweit wir dies nachvollziehen konnten, kaum von einer Schweizer Hochzeit unterscheidet.
Dann begannen -noch in der Kirche – die Glückwünsche der Familien und Freunde, die nun doch deutlich afrikanischer waren. Damit man die Freude auch hören konnte, wurden Pfeifen verteilt, die Frauen sangen, tanzten und jodelten ihre Freude aus dem Leibe. Viele hatten Stecken mit einem Pferdeschwanz daran mitgebracht, die in der Luft geschwenkt wurden. Sr. Adelinde klärte mich auf, dass diese Stecken ein Vorrecht der weiblichen Familienoberhäupter sei. Sie hatte – als ehemalige Oberschwester des Spitals auch das Anrecht auf einen Pferdeschwanz. Einen kurzen Schreckmoment gab es, als der Master of Ceremony die Arbeitskollegen von Ebba zu den Glückwünschen nach vorne bat. Eben noch hatte Ruedi im Witz gemeint, er würde Renate gleich auch noch für eine Ansprache anmelden und nun schauten Renate und ich uns leicht panisch an. Die Situation wurde souverän von Sr. Adelinde gelöst, die uns auf Oshivambo vorstellte und unsere Glückwünsche überbrachte.
Anschliessend kam es zu einer schier endlosen Fotosession mit allen Beteiligten und dem Brautpaar. Dessen Aufgabe bestand vordringlich darin ernst in die Kamera zu schauen. Eine Hochzeit hier sei eine ernste Angelegenheit belehrte mich Sr. Adelinde. Unter den rund 850 Fotos, die Renate und ich schossen, ist den auch nur eines zu finden, das Braut und Bräutigam gleichzeitig am Lächeln zeigt…
Nach der Kirche gings in den Homestead (Kral) der Familie der Braut. Dieser besteht aus einem Irrgarten aus Palisaden, einfachen Holzhütten mit Strohdächern und grossen runden bedeckten Körben, in denen Mahangu (Hirse) gelagert wird. Hier warteten auch alle Kinder und auch viele Angehörige, die nicht zur Kirche gekommen waren, auf das Brautpaar. Dieses darf jedoch den Homestead erst betreten, nachdem es am Eingang die Geschenke und weitere Segnungen in Empfang genommen hat. Für uns war dieses farbenfrohe und fröhliche Spektakel einer der Höhepunkte der Hochzeit. Anschliessend führt die Braut den Bräutigam in ihr Zuhause und es wird gegessen. D.h. es werden Unmengen von Fleisch und Beilagen auf Teller getürmt, denn es wäre unhöflich einen Nachschlag zu holen. Da man sich zur Hochzeit nicht anmelden muss, ist nicht klar wie viele Leute tatsächlich erscheinen werden und dementsprechend gross sind die Reste, die übrig bleiben.
Nach dem Essen, es war bereits am Dämmern, waren Sister und Rudi auf einmal im Kral verschwunden und kamen plötzlich mit einem ganzen Rindsbein (Ober und Unterschenkel) daher. Sister hatte gemäss Tradition ihr Gastgeschenk gefordert: An Hochzeiten ist es offenbar Usus, dass Gäste, die ihrerseits ein Geschenk mitgebracht haben mit einer Portion Fleisch belohnt werden. In unserem Fall für uns alle das erwähnte Hinterbein, das sorgfältig im Kofferraum des Autos versorgt wurde. Zunächst waren wir ratlos, was wir denn mit einem ganzen Rinderbein machen sollten, doch schlussendlich gingen wir einer nächtlichen Teilet in Oshikuku aus dem Weg und spendeten unseren Anteil den Benediktinerschwestern von Oshikuku.
Samstags waren wir von den Eindrücken des Vortages noch so erfüllt, dass wir auf den Besuch des 2. Teils der Hochzeit verzichteten, zumal dieser – sobald der Bräutigam die Braut in deren Kral abgeholt hat – eigentlich nur noch aus Essen besteht.