Ovambo-Hochzeit

30 08 2009

Eigentlich hatten wir ja vorgesehen, unsere Frühlingsferien dieses Jahr erst im September zu machen um von den wärmeren Temperaturen zu profitieren. Nachdem wir aber die Einladung zur Hochzeit von Ebba Kapuka, der Spitalverwalterin von Oshikuku erhielten, war für uns klar, dass wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten. So sind wir am 20. August in einem Tag nach Oshikuku zu Renate und Ruedi hochgedüst. Die Kinder, unsere Mitreisende Sr. Adelinde (mein Counterpart beim CHS) und das neue Auto haben diesen Monstertrip (750 km) fast klaglos über sich ergehen lassen; einzig die Zentralverriegelung streikte kurzzeitig, konnte jedoch in Oshakati geflickt werden. Diese Gelegenheit nutzten wir auch um ein neues Autoradio einbauen zu lassen, das alte war uns am Tag vor der Reise gestohlen worden. GRRR!

Am Freitag machten wir uns mit einer afrikanischen Verspätung von einer halben Stunde auf den Weg nach Onesi. Renate, die sich als Hochzeitsfotografin verdingt hatte, war etwas nervös, ob diesem Verzug, doch Ruedi und Sister sind alte „Hochzeitsfüchse“ und wussten, dass hier auch der Hochzeitsgottesdienst nicht unbedingt zur ausgeschriebenen Zeit beginnen muss. Wir waren trotz unserer Verspätung denn auch mehr oder weniger die ersten bei der Kirche. Von den vergangenen Erfahrungen unsere Begleiter profitierend, hatten wir auch genügend Proviant eingepackt, denn Speis und Trank wollen bei einer solchen Hochzeit verdient sein.

Renate und Ruedi atmeten sichtlich auf, als feststand, dass im heutigen Gottesdienst nur die Hochzeit von Ebba und Eliphas auf dem Programm stand. Offenbar sind Mehrfachhochzeiten keine Seltenheit und der Gottesdienst kann sich in diesen Fällen schon mal auf 3 bis 4 Stunden erstrecken. Das ganze selbstverständlich in der lokalen Sprache Oshivambo. Braut und Bräutigam erschienen – ganz in weiss gekleidet – nun also vor dem Pfarrer und dieser führte nun durch die Trauung, die sich – soweit wir dies nachvollziehen konnten, kaum von einer Schweizer Hochzeit unterscheidet.

Dann begannen -noch in der Kirche – die Glückwünsche der Familien und Freunde, die nun doch deutlich afrikanischer waren. Damit man die Freude auch hören konnte, wurden Pfeifen verteilt, die Frauen sangen, tanzten und jodelten ihre Freude aus dem Leibe. Viele hatten Stecken mit einem Pferdeschwanz daran mitgebracht, die in der Luft geschwenkt wurden. Sr. Adelinde klärte mich auf, dass diese Stecken ein Vorrecht der weiblichen Familienoberhäupter sei. Sie hatte – als ehemalige Oberschwester des Spitals auch das Anrecht auf einen Pferdeschwanz. Einen kurzen Schreckmoment gab es, als der Master of Ceremony die Arbeitskollegen von Ebba zu den Glückwünschen nach vorne bat. Eben noch hatte Ruedi im Witz gemeint, er würde Renate gleich auch noch für eine Ansprache anmelden und nun schauten Renate und ich uns leicht panisch an. Die Situation wurde souverän von Sr. Adelinde gelöst, die uns auf Oshivambo vorstellte und unsere Glückwünsche überbrachte.

Anschliessend kam es zu einer schier endlosen Fotosession mit allen Beteiligten und dem Brautpaar. Dessen Aufgabe bestand vordringlich darin ernst in die Kamera zu schauen. Eine Hochzeit hier sei eine ernste Angelegenheit belehrte mich Sr. Adelinde. Unter den rund 850 Fotos, die Renate und ich schossen, ist den auch nur eines zu finden, das Braut und Bräutigam gleichzeitig am Lächeln zeigt…

Nach der Kirche gings in den Homestead (Kral) der Familie der Braut. Dieser besteht aus einem Irrgarten aus Palisaden, einfachen Holzhütten mit Strohdächern und grossen runden bedeckten Körben, in denen Mahangu (Hirse) gelagert wird. Hier warteten auch alle Kinder und auch viele Angehörige, die nicht zur Kirche gekommen waren, auf das Brautpaar. Dieses darf jedoch den Homestead erst betreten, nachdem es am Eingang die Geschenke und weitere Segnungen in Empfang genommen hat. Für uns war dieses farbenfrohe und fröhliche Spektakel einer der Höhepunkte der Hochzeit. Anschliessend führt die Braut den Bräutigam in ihr Zuhause und es wird gegessen. D.h. es werden Unmengen von Fleisch und Beilagen auf Teller getürmt, denn es wäre unhöflich einen Nachschlag zu holen. Da man sich zur Hochzeit nicht anmelden muss, ist nicht klar wie viele Leute tatsächlich erscheinen werden und dementsprechend gross sind die Reste, die übrig bleiben.

Nach dem Essen, es war bereits am Dämmern, waren Sister und Rudi auf einmal im Kral verschwunden und kamen plötzlich mit einem ganzen Rindsbein (Ober und Unterschenkel) daher. Sister hatte gemäss Tradition ihr Gastgeschenk gefordert: An Hochzeiten ist es offenbar Usus, dass Gäste, die ihrerseits ein Geschenk mitgebracht haben mit einer Portion Fleisch belohnt werden. In unserem Fall für uns alle das erwähnte Hinterbein, das sorgfältig im Kofferraum des Autos versorgt wurde. Zunächst waren wir  ratlos, was wir denn mit einem ganzen Rinderbein machen sollten, doch schlussendlich gingen wir einer nächtlichen Teilet in Oshikuku aus dem Weg und spendeten unseren Anteil den Benediktinerschwestern von Oshikuku.

Samstags waren wir von den Eindrücken des Vortages noch so erfüllt, dass wir auf den Besuch des 2. Teils der Hochzeit verzichteten, zumal dieser – sobald der Bräutigam die Braut in deren Kral abgeholt hat – eigentlich nur noch aus Essen besteht.





Leon und Lou in Namibia 9

3 08 2009

Nach vier Monaten im Kindergarten fühlen sich die beiden da  ganz zuhause. Beide haben sie ihre Freunde gefunden und nun kommen auch regelmässig  „Chindsgigspändli“ zu Besuch. Jede Woche wird ein neues Thema behandelt und jeden Freitag backen sie Cookies. Letzten Monat fuhren sie mit dem Kindergarten zu einem Transportunternehmen, wo sie auf einem Gabelstapler auf einen riesigen Truck gehiervt wurden und nachher darin rumfahren durften. Vor allem Leon war begeistert und danach so k.o., dass er  Mittags drei Stunden schlief. Letzte Woche war dann ein Besuch in einem Museum für Dinosaurier angesagt. Danach machte sich Leon dran, in unserem Garten nach Dinosaurierknochen zu graben.

Nun sprechen beide auch schon ziemlich gut englisch, Lou schiebt immer wieder deutsche Wörter in ihre Sätze, aber grundsätzlich wird sie verstanden. So haben die beiden nun auch begonnen mit den Kindern unserer Siedlung zu spielen, wobei ihnen das Englisch schon sehr hilft und ihnen auch das nötige Selbstbewusstsein verleiht. Kürzlich haben sie etwa zu zwölft ein Fangenspiel gemacht, bei dem von der dreijährigen Sheia bis zur zwölfjährigen Stefanie alle Kinder mitmachten. So ist es nun oft so, dass Leon und Lou nach dem Mittagessen rausgehen und ich sie nur zu Gesicht bekomme, wenn sie Hunger haben.

Leon übertreibt es ab und an gerne mit seiner Selbständigkeit, z.B als er letzte Woche beim Einkaufen davonlief und zur Brottheke rannte um zwei Käsebrötchen zu bestellen, für sich und Lou. Pech für ihn, ich war gerade noch gernug früh da, um die Bestellung wieder rückgängig zu machen…

Lou zieht sich nun ebenfalls jeden Morgen selber an und sie bewegt sich in unserer Siedlung äusserst selbständig. Geht auf Suche nach Spielgefährten und hat kein Problem damit auch mal alleine irgendwo zu spielen. Manchmal muss ich staunen, wie gross unsere Kleine schon ist.

Leons grosses Vorbild ist nun sein Vater. Der ist der stärkste und grösste und mutigste Mensch auf der ganzen Welt. Nicht, dass Jürg das nicht geniessen würde… Als Mutter bin ich ziemlich abgeschrieben, nur wenn er ganz traurig ist, kommt er noch zum Kuscheln und erklärt mir, dass ich die allerbeste Mami auf der ganzen Welt bin.

Am Wochenende haben wir beschlossen, dass wir unsere Schildkröte wieder laufen lassen. Unser Garten ist einfach zu klein und sie frisst das wenige Gras, das wir haben noch ganz ab. Für Leon war das ganz schlimm. Einerseits freute er sich für die Schildkröte, dass sie wieder frei sein durfte, andererseits war er todtraurig darüber, dass er seine geliebte Schildkröte nun nicht mehr sehen würde. Ohne ein Haustier zu leben, kann er sich nun gar nicht vorstellen. So war er über zwei Tage immer wieder am Weinen und hat um sein geliebtes Haustier getrauert.

Englisch à la Lou:

My Baby is brüeling!

Here is your trink, ne?  (NE ist ein afrikaansches Allerweltswort, dass gern am Ende eines Satzes zur Bestätigung des Gesagten angehängt wird.)

I wott echli little betzeli music lose.

i don`t want to go i chendsgi!

P1000314